TRANSFEKTION

Univ. Prof. Dr. Klemens Trieb

 

Gentherapie von Zellen

Um die Funktion von Genen studieren zu können war die Entwicklung von mehreren Techniken notwendig. Zuerst muß die Sequenz der Gene durch Klonierung entschlüßelt werden, dann muß die Möglichkeit der Veränderung der Sequenz gegeben sein. Um die Funktion von zu untersuchen müßen die Gene in Zellen eingebracht werden. Transfektion bedeutet das selektive Einbringen von Genen in das Genom von Zellen. Dieser letzte Schritt stellte sich als besonders schwierig heraus, weil die Zellen im Lauf der Evolution gelernt haben, fremde DNA abzuwehren. Durch die Transfektion kann die Funktion des Gens untersucht werden. Es wird ermöglicht, daß das vom diesem Gen gebildete Protein in der Zielzelle entweder neu oder zusätzlich exprimiert werden. Dadurch werden die Stoffwechselleistung und/oder das biologische Verhalten der Zielzelle beeinflußt. Wenn das neu eingebrachte Gen ständig über lange Zeit in der Zielzelle inkorporiert bleibt spricht man von einer stabilen Transfektion. Falls das Gen nur für kurze Zeit (bis zu Wochen) exprimiert wird handelt es sich um eine labile oder transiente Transfektion. Eine bereits seit langem etablierte Methode der Gentherapie ist die Erzeugung von Medikamenten, wie z.B. das Insulin. Dabei werden von Plasmide, ringförmige Genstrukturen in Bakterien die unter anderem für den Austausch der Antibiotikaresistenzen zuständig sind eingesetzt. Es können diese Genringe durch verschiedene Enzyme (Restriktionsenzyme) "aufgeschnitten" und wieder "zusammengesetzt" werden. Diese Schnittstellen sind für das jeweilige Enzym definiert, wobei pro Plasmid mehrere Hundert Schnittstellen beschrieben wurden. Dies ermöglicht auch eine nicht zum Plasmid gehörende Gensequenz nach dem "Aufschneiden" einzufügen. Das eingebrachte Gen, z. B. für Insulin, wird dann in die zelleingene Translation (DNA in RNA) und Transkription (RNA in Protein) miteinbezogen und so das gewünschte Protein produziert. Wenn nun eine maximale Proteinproduktion gewünscht wird, kann man durch zusätliches Einbringen eines Promotors (= Stimulator der Transkription), welcher zuvor an das Gen gekoppelt wurde, eine ständige Proteinproduktion erzielen. Promotoren können unterschiedlicher Herkunft sein, zur Zeit werden Promotoren aus Viren (z. B. Retro- oder Adenoviren) verwendet.

Diese Kenntnisse und Erfahrungen haben die Grundlage dafür geschaffen, Gene nicht nur in Bakterien, sondern auch in Zellen von Eukaryonten zu transferieren. Die Technik der Transfektion soll nun in ihren Grundzügen erläutert werden. Gene werden mittels Vektoren in andere Zellen eingebracht. Vektoren sind ringförmig und können durch Hilfe der Restriktionsenzyme im Labor zusammengesetzt werden. Sie enthalten einige uniforme Elemente; von den hier erwähnten ist an erster Stelle das zu transfektierende Gen mit seinen Exons und Introns mit oder ohne eigenem Promotor; dann einen viralen Promotor, der das Gen in der Gastzellen ständig "anschaltet" und ein Antibiotikaresistenzgen um die erfolgreich transfektierten Zellen selektieren zu können. Wenn man den Vektor hergestellt hat, stellt sich die Frage wie man ihn in die fremde Zelle einschleußen kann? Derzeit stehen mehrere Methoden zur Auswahl, wobei die Zahl der erfolgreich transfektierten Zellen möglichst hoch sein soll. So kann durch direkte Mikroinjektion unter dem Mikroskop der Vektor direkt in die Zelle gebracht werden. Allerdings ist diese Methode sehr aufwendig und in Ihrer Frequenz sehr limitiert. Weiters wurde als nächstes die Technik der Calciumphosphatfällung etabliert. Höhere Transfektionsraten können mit folgenden Methoden erreicht werden. Bei der Elektroporation wird durch Anbringen von Elektroden am Kulturgefäß die Zellmembran vorübergehend eröffnet. Durch diese Löcher kann dann die DNA eindringen. Die Vektoren können auch mittels Liposomen in Zellen gebracht werden. Auf diese Methode soll nun etwas näher eingegangen werden. Dabei werden die Vektoren von Phosphlipidvesikel umhüllt. Diese werden dann unter Standartzellkulturbedingungen (37°C) den Zielzellen beigegeben. Nach dem Zufallsprinzip haften nun diese Phospholipidvesikel an den Zellmembranen an und verschmelzen mit diesen. Dabei wird der Vektor in die Zelle freigesetzt und gelangt in den Zellkern, wo er neben der zelleigenen DNA liegt. Dabei werden natürlich nicht alle Zellen mit dem Vektor transfektiert, eine Transfetionsrate von 20-40% ist bereits als gut zu bezeichnen. Nun gilt es die transfektierten von den nichtransfektierten Zellen zu trennen. Dazu wurde dem Vektor ein Antibiotikaresistenzegen (z.B. Resustenz gegen Neomycin) hinzugefügt. Nun wird nach der Transfektion der Zellkultur dieses Antibiotikum beigegeben. Die Nichttransfektierten sterben innerhalb von zirka zwei Wochen ab und die antibiotikaresistenten Zellen, die erfolgreich den Vektor und somit das gewünschte Gen inkorporiert haben, überleben. Die so selektionierten Zellen bilden nun bie Basis für eine transfektierte Zellinie. Um bei weiteren Untersuchungen feststellen zu können, ob etwaige Veränderungen durch das neue Gen verursacht sind, ist eine Kontrolle nötig. Dazu wird ein identer Vektor verwendet, dem nur das zu transfizierende Gen fehlt, ansomsten jedoch alle Abschnitte aufweist. Falls nur das neue Gen und nicht die Transfektion per se für Veränderungen in der Zelle verantwortlich ist, darf sich die mit dem Kontrollvektor transfektierte Linie nicht von der Mutterlinie (i.e. Zellen ohne Transfektion) unterscheiden.

Die so erhaltene transfektierte Zellinie und die Kontrollinien können nun in-vitro untersucht werden. Dabei ist es bei Krebszellen interessant, ob durch das Einbringen von Genen das Ansprechen auf die Chemotherapie verbessert werden kann oder ob sich die Wachstumsgeschwindigkeit ändert. Die Zellkultur ermöglicht die Überprüfung aller möglichen Kombinationen und Therapiekonzepte. Nach entsprechender Testung könnten die durch die in diesem Artikel dargestellten Methoden veränderten Zellen auch direkt in-vivo zur Therapie eingesetzt werden.

 

 

Univ. Prof. Dr. Klemens Trieb
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